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Arm versus Reich

Auf meinem Heimweg letzte Woche sah ich etwas, das mich erschütterte. An jenem Tag lernte ich bis am Abend in der Bibliothek der Wirtschaftsuniversität. Ich hatte meine Kamera bei mir und schoss ein paar Fotos der riesigen Bauwerke in der Umgebung. Während ich fotografierte, hörte ich Geräusche auf der anderen Straßenseite. Ich drehte mich um und sah, wie ein alter Mann mit einem quietschenden Einkaufstrolley spazierte.

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Ich richtete mich zu ihm und fotografierte ihn. Ich dachte mir, es könnte ein gutes Foto werden. Er bewegte sich langsam zu seinem Ziel, und zwar die Mistkübel neben einem geschlossenen Geschäft. Er suchte nach Essen.

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Meine ersten Gedanken waren: „OMG! Habe ich Geld dabei? Kann ich ihm etwas kaufen? Vergeblich! Ich hatte vergessen Geld abzuheben. Nur meine Bankomatkarte war bei mir und ich konnte ihm nicht behilflich sein. Ich sah auch keine Geschäfte in der Umgebung, um dem Mann etwas zu kaufen. Ich fühlte mich nutzlos und dachte an die Wichtigkeit des Bargeldes nach. Diese Scheine und Münzen können manchmal so wichtig sein. Ich blickte auf meine Kamera, um das von ihm geschossene Foto zu sehen. Als ich wieder hinaufsah, war er plötzlich weg. Ich hörte weder sein Trolley noch sah ich ihn. Enttäuscht, weil ich nicht helfen konnte, ging ich nachdenklich nach Hause.

Ich lebe in einem der reichsten Länder Europas und solche Bilder sollten zumindest hier nicht Gang und Gäbe sein! Ganze 18% der Bevölkerung in Österreich waren im Jahr 2016 armutsgefährdet[1], wobei die zehn reichsten Familien ein Vermögen von rund 78,2 Milliarden Euro besitzen.[2] Ich versuche keinesfalls anzudeuten, dass die Reichen schuld sind. Einige haben sich ihr Vermögen mit viel Arbeit und Mühe verdient. Die Ungerechtigkeit sehe ich darin, dass man trotz Prosperität, Weiterbildung, Entwicklungszusammenarbeit und Wirtschaftswachstum wenig an die Menschen denkt, die in diesem Land verhungern!

Ich bin sehr froh, dass es Institutionen gibt, die Obdachlosen eine warme Mahlzeit und ein Bett zum Schlafen anbieten und ihnen helfen den Tag zu überstehen. Für mich sollten Spenden eine Selbstverständlichkeit sein. Ich spende, obwohl ich selbst wenig habe. Ein paar Schuhe oder ein Kleidungsstück weniger, machen eine andere Person glücklich und können vor der Kälte schützen. Bald bricht der Winter ein und es wird sehr kalt. Wenn man keiner gemeinnützigen Organisation spenden möchte, dann sollte man zumindest selbst etwas unternehmen und einer hilfsbedürftigen Person etwas schenken.

Kauft einer oder einem Obdachlosen eine Weste, Jacke oder sogar nur eine Decke und schenkt sie dieser Person. Sie werden sich freuen und man wird dadurch nicht ärmer! Man kann auch ein Stückchen Brot kaufen und es weitergeben. Wir verschwenden ohnehin extrem viel. Mit dem Essen, das weggeworfen wird, könnten so viele Menschen ernährt werden. Der bekannte deutsch-französische Arzt, Philosoph und Pazifist namens Albert Schweitzer sagte mal: „Auf egoistischem Boden kann das Ethische nicht wachsen“ und „Wahre Ethik fängt an, wo der Gebrauch der Worte aufhört”.  Ich sehe die Wichtigkeit der Worte, aber es ist Zeit zu handeln!

 

[1] Matzenberger, Michael: „1,5 Millionen Menschen in Österreich sind armutsgefährdet“, in „Der Standard“ aus dem 02.05.17, online abrufbar unter: http://derstandard.at/2000056858893/1-5-Millionen-in-Oesterreich-von-Armut-betroffen Stand: 04.10.17

[2] Mehr in “Die Presse” zum Nachlesen, online abrufbar unter: http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/4996654/Top-10_Die-reichsten-Oesterreicher Stand: 04.10.17

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Desislava Manolova

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